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Zwei Meisterwerke in Baden?Die Georgskirchen in Reichenau-Oberzell und in RittersbachLeider habe ich nur gelegentlich Zeit, die Homepage von Rittersbach zu aktualisieren. Daher sind einige Links im Text nicht mehr aktuell. Zumindest die im Abschnitt "Quellenangabe und weitere Hinweise" wurden aber im Dezember 2020 aktualisiertDie 1886 errichtete neuromanische Basilika in Rittersbach, Gemeinde Elztal (Neckar-Odenwald-Kreis) besitzt eine reiche Ausstattung, darunter eine Kopie des Bildprogrammes der St. Georgskirche in Reichenau-Oberzell mit den acht monumentalen Wunderszenen aus dem Leben Christi, die dort wenige Jahre zuvor aufgedeckt worden waren. Diese Wandmalereien sind ein interessantes Kapitel in der Rezeptionsgeschichte der Oberzeller Wandmalereien. Der Innenraum von St. Georg in Rittersbach wurde 1969/70 stark purifizierend restauriert. Schwere Schäden an den Wandmalereien führten im Jahr 2000 zu einer Bestandsanalyse und zur Aufstellung eines Maßnahmenkonzeptes. 2001/2002 konnten die Malereien durch eine Arbeitsgemeinschaft von drei Restauratoren konserviert werden. Dörthe Jakobs / Ulrike Piper / Günther Dürr / Georg Schmid
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Eine entscheidende
Wende
in der Phase der Planungsvorbereitung ist offenbar dem Leiter des
Erzbischöflichen
Bauamtes in Mosbach, Bauinspektor Ludwig Maier, zu verdanken. Gegenüber
einer
Planvorlage von 1881 mit Baukosten in Höhe von 72.000 Mark vermochte er
einen
neuen und vor allem 8.000 Mark billigeren Vorschlag zu unterbreiten,
nämlich
eine Kopie der um 896 erbauten Georgskirche von Oberzell auf der
Reichenau.
Dass St. Georg auf der Reichenau zu dieser Zeit in aller Munde war, ist
der
Entdeckung und Freilegung des bedeutenden Wandmalereizyklus aus dem 10.
Jahrhundert
zu verdanken, der als hervorragendstes Denkmal der ottonischen Kunst
gilt.
Am 29. Juni 1879 erstattete der damalige Pfarrer Feederle von Oberzell
Bericht
über die Entdeckung der Wandmalereien an den Katholischen
Oberstiftungsrat.
Die vollständige Freilegung der Wandmalereien vollzog sich mit
Winterpausen
und Gerüstumstellung im Zeitraum von Juni 1879 bis Mai 1881. Nach der
Aktenlage
im Erzbischöflichen Archiv Freiburg zu urteilen, lag die Arbeit der
Freilegung
weitgehend in den Händen von Maurermeister Sauter und Pfarrverweser
Feederle.
Franz Baer, ab1880 erzbischöflicher Bauinspektor, war als
Sachverständiger
vom Erzbischöflichen Bauamt in Freiburg die Leitung der Arbeiten
übertragen
worden. Seine Beteiligung an den Freilegungsarbeiten beschränkte sich
jedoch
nachweislich auf nur wenige Tage im Jahr. Als sein „Gehilfe" tritt ein
„Architect
Louis Maier" in Erscheinung, der zwischen Mai und Juni 1881 auch
mehrfach
Hilfe bei der Herstellung von Pausen der Wandbilder leistete.
An die Stelle der
großen
Eingangskonche im Westen von St. Georg in Oberzell tritt in Rittersbach
ein
um 2,40 m nach Westen verlängerter Vorraum, der vom Mittelschiff mit
einer
doppelten Säulenstellung und drei kleineren Arkadenöffnungen abgetrennt
wird
(Abb. 6a, Abb.
6b). Dabei muss offen bleiben, ob man die Westapsis, deren Status
in
der Forschung seinerzeit umstritten war, bereits als späteren Anbau
einstufte.
Während man also einerseits auf die Oberzeller Westkonche völlig
verzichtete,
übernahm man andererseits ihre Portalgestaltung. Mit der schlüssigen
Ergänzung
des darüber liegenden Tympanons folgte die Rittersbacher Konzeption dem
Forschungsstand
von Friedrich Adler 1870, der sich 1885 auch in
Rekonstruktionszeichnungen
von Franz Baer zur Oberzeller Vorhalle niederschlug.
In der Sache ging
es
ihm um eine Korrektur der anatomischen Verhältnisse der Figuren und
eine
annähernd richtige Perspektive der Architektur, wobei ihm eine „kleine
richtige
Abänderung" machbar erschien, ohne den Charakter der Bilder zu
beeinträchtigen.
Maier antwortete am 21. Juni 1887: „Bezüglich der Wandgemälde wünschen
wir,
daß größere Änderungen gegenüber den Originalen nicht vorgenommen
werden".
Eine geringfügige Änderung gegenüber dem Original hatte Maier
allerdings
selber zu verantworten, denn die Maße und das Konzept der Westempore
gingen
nicht ganz mit den Wandbildern auf. Dass dem Architekten die Grundmaße
des
Mittelschiffs wichtig waren, zeigt seine Akribie gegenüber den
Seitenschiffen,
die er einfach um 1,60 m schmaler konzipierte. In der Breite des
Mittelschiffs
hielt er sich mit 8,40 m an das Vorbild. Die Länge des Mittelschiffes
in
Rittersbach misst mit 19,60 m gut einen Meter mehr als in Oberzell. Da
man
allerdings in Analogie zur damaligen Situation in Oberzell eine
Westempore
plante, auf die Westkonche aber verzichtet hatte, ergaben sich Probleme
mit
der Aufteilung der Bildszenen. Diese musste man mit einer Verkürzung
der
Bildszenen kompensieren, sofern man verhindern wollte, dass sich die
Empore
mit den westlichen Darstellungen überschnitt. Kohlund schaffte dies,
indem
er bei sechs Bildszenen jeweils einen Teil der Architekturdarstellung
am
Rand kappte, die Darstellung insgesamt aber weitgehend übernahm. Die
Höhenmaße
der Bilder sind bis auf 1-2 cm deckungsgleich (228 cm), dagegen
variieren
die Breitenmaße gegenüber den Vorbildern zwischen 1 und 36 cm auf der
Nordwand
und zwischen 5 und 40 cm auf der Südwand (vgl. Abb. 8a u. 8b).
Einen
genauen Plan mit den Maßen schickte er Maier am 21. November 1887.
Einschneidende
Veränderungen
erfuhr die Kirche bei einer „Restaurierung" in den Jahren 1969/70, die
auf
eine starke Purifizierung des Innenraums zielte. Die Malereien des
Chors
wurden reduziert, bevor man sie unter einem Anstrich verschwinden ließ.
Die
Dekorationsmalereien in den Seitenschiffen fielen einer Neuverputzung
zum
Opfer, die komplett bemalten Decken wurden unter Teilzerstörung von
Brettern
und Leisten zugunsten einer holzsichtigen Decke verschalt. Die
Ausstattung
wurde entfernt und bis auf wenige Relikte (z. B. Kreuzwegstationen)
zerstört.
Auch die gemalte Mosaikimitation im Tympanon, die Maria mit dem
Jesuskind
darstellte, fiel der Purifizierung zum Opfer. Zudem entfernte man die
beiden
Bankblöcke und ersetzte sie durch einen geschlossenen Bankblock ohne
Mittelgang.
Mit diesem, die Geschichte „bereinigenden" Zeitgeschmack wurde ein
einheitliches
und geschlossenes Raumkonzept des 19. Jahrhunderts weitgehend zerstört.
Durch schadhafte
Kondenswasserrinnen
an den Obergadenfenstern konnte Wasser austreten und hat umfangreiche
Schäden
am Malschichtbestand bis in die Arkadenzone verursacht. Neben
Wasserläufern
mit Verkrustungen traten Verfärbungen, verschleppte Pigmente sowie
verwaschene
Zonen auf. Altere Wasserschäden im Anschluss an den Deckenbereich waren
auf
ein undichtes Dach zurückzuführen. Abtauende Schneemassen und starke
Schneeverwehungen
hatten zudem im Januar 2002 zu erneuten gravierenden Schäden in
Teilbereichen
des oberen Mäanders geführt (Südwand, Abb. 13a
u. b). In diesen Zonen kam es zu einer verstärkten
Salzkristallisation,
zu Wasserrändern, Flecken und Schimmelbefall sowie zu weißen
Ablagerungen
auf den Malschichten. Neben vollständigen Malschichtabsprengungen durch
die
Salzkristallisation kräuselten sich die verbliebenen Malschichten in
diesen
Bereichen bis zur Unkenntlichkeit auf.